Wenn ein Architekt und Spezialist für Passivhäuser sein
eigenes Haus saniert und umbaut, kann das eigentlich nur gut ausgehen. Aber die
Gewerbe- und Wohnimmobilie aus den 1930er Jahren in ein Passivhaus umzuwandeln,
war sogar für Roland Matzig und sein Team eine große Herausforderung.
Die Doppelhaushälfte der Familie Kronz-Matzig in
Mannheim-Almenhof wurde in den 1930ern erbaut und nach der Zerstörung im
Zweiten Weltkrieg in den 50er Jahren wieder aufgebaut. Nicht gerade eine Zeit,
in der besonders viel Wert auf Luftdichtheit und Dämmung gelegt wurde. Für
Roland Matzig, Inhaber des Architekturbüros „r-m-p passivhaus architekten und
ingenieure“, war es 2008 daher höchste Zeit, die energetische Sanierung seines
eigenen Hauses in die Hand zu nehmen. Der Energieverbrauch sollte nach der
Sanierung mindestens 50 Prozent unter den gesetzlichen Vorgaben der
Energieeinsparverordnung (EnEV) liegen.
Ob er es schaffen könnte, sogar ein Passivhaus daraus zu machen, war zu
Beginn nicht klar.
Ein Maximum der
Bausubstanz erhalten
Da für Matzig bei seiner Arbeit vor allem der bauliche Umweltschutz
im Vordergrund steht, wollte er nicht nur ein energieeffizientes Haus
gestalten, sondern dabei auch noch möglichst wenig Ressourcen verbrauchen. Also
war das Ziel, so viel wie möglich der vorhandenen Bausubstanz zu erhalten. Die
Wände mit Teilen des Putzes, die Decken und die Sparren des Daches blieben
daher stehen, als im November 2008 die Bauphase begann. Aber die alten
Wandbeläge mussten ebenso entfernt und erneuert werden wie die Fenster, Türen,
Treppen und die gesamten Sanitär- und Elektroinstallationen.
Wohn- und Gewerbenutzung in einem
Das Erdgeschoss erhielt eine räumliche Erweiterung, da es wieder
gewerblich genutzt werden sollte. Das Haus war bis 2003 bereits geschäftlich
genutzt worden – ähnlich wie viele Immobilien in der Brentanostraße im
Almenhof. „Das Quartier hatte durch die Mischung von Wohn- und Gewerbenutzung
lange Zeit einen ganz eigenen Charakter. Aber die meisten ursprünglichen
Geschäfte und Gewerbeeinheiten in dieser Straße wurden geschlossen und in
Wohnungen umgewandelt“, erzählt der Architekt. Er wollte den ursprünglichen
Charakter der Straße wiederbeleben und schaffte beim Umbau daher ausreichend
Platz für neue Büroräume. Dort geht nun seit 2009 das komplette Team der r-m-p
Architekten seiner Arbeit nach. Die beiden Anbauten sind aus Holz errichtet
worden und passen sich dem bestehenden Gebäude gut an. Im 1. und 2. Obergeschoss
entstand durch den Umbau eine offen gestaltete Maisonettewohnung.
Energetische Maßnahmen
Dass Familie Kronz-Matzig nun in einem Passivhaus lebt und
arbeitet, ist vor allem dem Erreichen einer hohen Luftdichtheit zu verdanken.
Das bedeutet, es strömt keine warme, feuchte Luft von innen nach außen – bei
der Sanierung von Bestandsgebäuden eine große Herausforderung. Aber nur so kann
die Wärme im Inneren des Hauses gehalten und Energie gespart werden. Außerdem
verhindert eine luftdichte Gebäudehülle, dass Bauteile durch die mitgeführte
Feuchtigkeit der nach außen dringenden Raumluft beschädigt werden. Bei dem Haus
im Almenhof mussten zu diesem Zweck unter anderem die Außenwände nachgeputzt
werden.
Ein wesentliches Element eines Passivhauses stellt die Lüftungsanlage
dar. Sie sorgt für anhaltend frische Luft im Gebäude und daher für einen hohen
Wohnkomfort. Das Lüften durch Öffnen der Fenster wird überflüssig. Auch kalte
Luft gelangt so nicht immer wieder in das Gebäude herein und muss durch hohen
Energieaufwand aufgeheizt werden. Die Anlage arbeitet mit Wärmerückgewinnung,
das heißt sie nutzt die vorhandene Wärme im Gebäude um nachströmende Luft der
Zimmertemperatur anzupassen. Da das Haus im Almenhof mit Büro und Wohnbereich
zwei verschiedene Nutzungsbereiche beherbergt, wurde hier jeweils eine eigene
Lüftungsanlage eingebaut.
Wenn die Heizung überflüssig wird
Durch eine intensive Dämmung, die Herstellung einer
luftdichten Gebäudehülle und den Einbau der Lüftungsanlagen ergab sich
schließlich ein sehr geringer Energieverbrauch. Neue Türen, dreifachverglaste
Fenster und eine wirksame Dämmung taten ihr übriges, damit sich der Bauherr von
der alten, überdimensionierten Gasheizung verabschieden und diese durch eine hocheffiziente
Wärmepumpe ersetzen konnte. Diese ist, in Kombination mit einer thermischen
Solaranlage, aber hauptsächlich für das Warmwasser verantwortlich und zieht
ihre Energie aus der Erdwärme. Das Beheizen der Räume muss sie nur
unterstützen, wenn die Sonne und interne Wärmequellen wie z.B. elektronische
Geräte und Bewohner einmal nicht genug Wärme produzieren.
Durch diese energetischen Maßnahmen konnte der
Energieverbrauch massiv gesenkt werden und das Haus ist schließlich doch noch
ein „Passivhaus im Bestand“ geworden. „Und zwar das erste in der Metropolregion
Rhein-Neckar“, freut sich Bauherr und Architekt Roland Matzig.
Dämmung
Bei der Sanierung wurde auf die Außenwände ein Wärmedämm-Verbundsystem mit 26cm
Mineralwolle-Dämmung aufgebracht. Dieser Dämmstoff kann leicht komprimiert
werden und eignet sich daher gut, um Lücken und Unebenheiten auszugleichen. Die
neuen Holzanbauten erhielten eine XPS-Dämmung (Polystyrol). XPS-Platten werden
häufig zur Dämmung von erdberührten Bauteilen verwendet, da sie keinerlei Feuchtigkeit
aufnehmen.
Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
Durch die gedämmte, luftdichte Außenhülle ist ein
konventionelles Heizsystem überflüssig. Stattdessen besitzt das Haus eine
geregelte Zu- und Abluftanlage mit einer Wärmerückgewinnung von mehr als 90
Prozent. An sehr kalten Tagen wird die Lüftungsanlage durch ein Heizsystem mit
Warmwasserspeicher unterstützt. Das Wasser wird von einer Wärmepumpe mit
Erdwärmesonden sowie von solarthermischen Modulen erwärmt. Es werden also ausschließlich
regenerative Energien genutzt.
Energieeffizienz
Der Heizwärmebedarf des Gebäudes liegt bei 10,9 kWh
(Kilowattstunde) pro m² im Jahr. Dieser Wert kann mit einem Verbrauch von 1,26
Litern Heizöl pro m² und Jahr verglichen werden. Vor der Sanierung lag der
Heizwärmebedarf bei 320 kWh.
Der Bauherr
Roland Matzig ist Diplom-Architekt
und zertifizierter Passivhausplaner. Er leitet zusammen mit seinem Partner
Guiseppe Debole das Unternehmen „r-m-p passivhaus architekten und ingenieure“
in Mannheim und hat für das beschriebene Bauprojekt im Jahr 2011 den EnergieEffizienzAward
der Firma SAINT GOBAIN-ISOVER G+H AG gewonnen. Für die Förderung und
Etablierung des Passivhaus-Baustandards in der Metropolregion Rhein-Neckar
erhielt das Architektenbüro außerdem im selben Jahr den Umweltpreis der Stadt
Mannheim sowie den Umweltpreis des Landes
Baden-Württemberg.
Die Büroräume des Passivhauses im
Almenhof sind öffentlich zugänglich und dienen als Anschauungsprojekt.
Dieser Text stammt von
Ambo Media GmbH – Projektbüro Energy Awards & Academy Dieser Text stammt von
Dr. Thomas Clark
Harvestehuder Weg 21
20148 Hamburg
Tel: +49 40 339 87 770
http://www.ambomedia.com/
Vielen Dank, dass wir ihn übernehmen durften.
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